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Bald wieder Quiznacht!

A: Es ist wieder soweit – die Quiznacht im Gasteig HP8 geht in die nächste Runde. Als das brandneue Format der Jungen Münchner Volkshochschule Premiere hatte, konnte vermutlich niemand ahnen, dass die Veranstaltung ein Dauerbrenner werden würde und eigentlich immer ausgebucht ist. Mal abgesehen davon, dass wir beide uns dort auch tummeln: Was treibt den Menschen an, sich mit knapp hundert weiteren Leuten in einen eher ungemütlichen Saal zu hocken, ungeduldig den meist klug recherchierten Fragen entgegen zu fiebern, um sich mit Wildfremden an den Nachbartischen – meist konspirativ flüsternd innerhalb der eigenen Gruppe – zu duellieren?

M: Was andere Menschen daran fasziniert, weiß ich natürlich nicht – für mich kann ich sagen, ich rätsele einfach gerne! Ich bleibe auch immer mal wieder beim Herumzappen bei den Quiz-Sendungen im Fernsehen hängen, und je absurder die Fragen, desto besser!
Als wir beide zum ersten Mal bei der Quiz-Nacht im HP8 waren, haben wir uns ja ganz spontan an einen Tisch gesetzt mit Leuten, die uns sympathisch vorkamen. Und das waren sie auch! Außerdem waren unter ihnen zwei, die genau die Wissensgebiete abdeckten, auf denen wir beide schwächeln; sie wiederum waren dankbar dafür, dass wir beide bei Literatur und Filmen punkten konnten.
Dafür bin ich in anderen Kategorien komplett lost, vor allem bei den Naturwissenschaften; auch in Geschichte bin ich nicht sonderlich fit, bei den Daten verhau ich mich gern mal gleich um ein paar Jahrhunderte. Musik und Populärkultur geht dafür ganz gut, Mode und Essen und Trinken auch. Ein ziemlich gutes Team bilde ich mit meinen beiden Kindern, das haben wir bei der letzten Quiz-Nacht gemerkt, da sind wir immerhin im oberen Mittelfeld gelandet. Und deswegen gehen wir auch diesmal wieder zu dritt los!

A: Im letzten Urlaub haben wir abends mit einer befreundeten Familie „Stirnraten“ auf dem Handy gespielt. Dadurch, dass die Gruppe, die dir die Kategorie raussucht, dir auch beim Erraten des Begriffes, den du – etwas deppert – vor deine Stirn hältst, hilft, ist das auch eher ein Teamspiel. Zudem wird wild gestikuliert, durcheinandergequatscht und oft über recht merkwürdige Seitenwege erklärt, was zwangsläufig deine Synapsen in alle Richtungen befeuert. Ich vermute mal, dass ist eines der Quiz- und Denkspiele, die dafür prädestiniert sind vor Demenz zu schützen. Vielleicht auch weil der Spaßfaktor immens hoch ist. Das Abfragen von geschichtlichen oder politischen Daten und Fakten schreckt mich nämlich eher ab, weil mir die Querverbindungen, das Vernetzen im Kopf durch unterschiedliche Disziplinen fehlt. Vermutlich ein Überbleibsel aus meiner Schulzeit, in der ich immer die Frage vor der Klasse beantworten musste, wie viele Bundesländer es in der BRD gibt und wie sie heißen, was mich in meiner recht wilden Jugendzeit wirklich null interessiert hat. Leider war das aber das schlechteste Argument. Und der in diesem Zusammenhang etwas unglückliche Umstand, Tochter eines Lehrers zu sein, hat den Druck leider auch nicht verringert.

M: „Stirnraten“ musste ich erstmal googeln, das kenne ich gar nicht, aber ich glaube, es ähnelt den Spielen „Tabu“ oder „Just One“, was wir mit Familie und Freunden oft und gerne gespielt haben. Solche Ratespiele finde ich echt lustig, da gibt es viele Diskussionen und Gelächter.
Bei einem Quiz wie dem im HP8 ist das anders, da geht es weniger um Spontaneität und Phantasie, sondern wirklich um Wissen. Wir sind beim letzten ziemlich abgestürzt, weil wir von dem Thema, Europa, zu unserer Schande zu wenig Ahnung hatten. Die EU-Länder haben wir grade noch zusammengekriegt, aber bei den Feinheiten haben wir ziemlich versagt. Wann ist welches Land der EU beigetreten? Wie viele EU-Kommissare gibt es? Welcher Vertrag war für welche Entscheidung maßgebend? In welchem EU-Land ist russisch eine der Landessprachen? Da sind wir wirklich ins Schwitzen gekommen und haben uns ein bisschen geschämt, wie wenig wir letztendlich wissen.
Das nächste Mal probieren wir es wieder mit einem Quiz mit Fragen aus mehreren Sachgebieten, da kommen wir mit unserer gepflegten Viertelbildung besser klar. Film und Fernsehen, Literatur, Mode und Musik sind zum Beispiel die Gebiete, auf denen meine Tochter und ich gut sind, der Sohn kann Politik und Geschichte, etliche Freunde sind Sport-Experten. Da sollten wir doch eigentlich was reißen können!

A: Unbedingt! So ein Quiz-Abend wird ja auch zwischenmenschlich zum Erlebnis. Und vielleicht bleibt aus diesem Grund dann auch was hängen von den richtigen Antworten auf schwierige Fragen, weil man sie sich gemeinsam hart erarbeitet hat. Bei der seit 1999! allseits beliebten Quizshow „Wer wird Millionär“ wird man nämlich – nach Aussage einer Bildungsforscherin – beim Miträtseln vor dem Fernseher angeblich nicht klüger, weil das Tempo zu schnell ist und die Antworten im Gehirn nicht verknüpft oder ausreichend vertieft werden. DAS kann ich in der Tat bestätigen. Wenn ich so eine Sendung allein schaue, nehme ich viele Antworten einfach zur Kenntnis und kann mich zwei Tage später oft nicht mal an die genaue Fragestellung erinnern. Wenn ich aber mit anderen wild diskutiert habe und so allerlei Emotionen, Vorurteile (Seit wenn kennst du dich in Politik aus?) und dergleichen mehr hochgespült werden, setzt sich die Lösung deutlich länger in meinen Synapsen fest.

M: Über Fragestellungen und Themen zu reden oder gar zu schreiben hilft ja sowieso enorm, damit sich die Antworten in den Synapsen festsetzen. Ich kann mich zum Beispiel heute noch an Details eines Referats über Che Guevara im Geschichtsunterricht der 11. Klasse erinnern, und das ist über ein halbes Jahrhundert her! Ich hab das damals mit einer Freundin erarbeitet, und wir haben es diversen Familienmitgliedern so oft vorgetragen, dass wir es am Ende auswendig konnten und zumindest ein Teil des Textes noch in einer Ecke meines Gehirns festhängt.
Auch den Inhalt von Filmen und Büchern merke ich mir umso besser, je mehr ich mich darüber ausgetauscht habe. Leider ist es nämlich bei mir inzwischen so, dass ich ganz oft schon wenige Jahre später kaum noch Erinnerungen daran habe. Als ich neulich las, dass Jenny Erpenbeck den Man Booker Prize gewonnen hat, wollte ich mir gleich das preisgekrönte Buch „Kairos“ kaufen – bis mir meine Tochter augenrollend versicherte, dass ich es schon gelesen habe gleich nach Erscheinen. Peinlich. Ich habe den Inhalt dann recherchiert, und tatsächlich kam die Erinnerung stückweise zurück (nochmal lesen werde ich es aber trotzdem!).
Woran liegt diese Vergesslichkeit? Wieso hat mein Gehirn dieses Buch aussortiert und andere abgespeichert? Es kann nicht daran liegen, dass ich es nicht mochte, denn ich habe es meiner Tochter weiterempfohlen, und das tu ich eher selten. Und Bücher, an deren Inhalt ich mich gut erinnere, fand ich zum Teil richtig furchtbar; mit Filmen geht es mir genauso. Kann es sein, dass ich einfach schon viel zu viel gelesen und gesehen habe im Laufe meines Lebens, dass also meine Erinnerungs-Festplatte voll ist?

A: Ich glaube, dass das Gehirn kein klassisches Speicherlimit hat. Auch wenn es sich manchmal so anfühlt, als würde nichts mehr reinpassen. Ich erinnere mich im Rückblick gut an die Dinge, bei denen viele meiner Sinne involviert waren. Ein Abend mit netten Menschen, gutem Essen, viel zu lachen, aber auch hitzigen Diskussionen bleibt mir im Gedächtnis – also das Grundgefühl, und mit diesem dann auch das Thema, über das gestritten, gelacht oder geweint wurde. Peinliche Situation werde ich – entgegen meines Wunsches, sie loszuwerden – vermutlich auf ewig abrufen können. Schlechte, gruselige oder traurige Filme erinnere ich genauso wie gute, spannende oder lustige, vorausgesetzt es hat mich irgendwas emotional gepackt, getriggert oder tief berührt.
So habe ich das Gedicht „Die Mondnacht“ von Eichendorff, das wir in der Schule auswendig lernen mussten, nach der klassischen Abfragestunde sofort wieder vergessen. Bei einer dreiwöchigen Schiffsüberführung von Italien nach Griechenland hat mein schon betagter und mir auf dem Segeltörn ans Herz gewachsener Kollege Hans Heine bei der gemeinsamen Nachtwache dieselbe „Mondnacht“ vorgetragen, damit uns die Zeit nicht lang wurde. Heute kann ich „Es war, als hätt’ der Himmel die Erde still geküsst…“ und alles was danach kommt, jederzeit runterbeten, weil das „WIE“ als Gefühl sofort präsent ist. Hansens Stimme, die Weite des Horizonts, das Geräusch der Wellen, die gegen den Schiffsbug schlagen und der fette Mond über uns.

M: Bei mir funktioniert das leider nicht so. Die von dir beschriebene Situation hätte ich mir sich in allen Einzelheiten gemerkt, das Gedicht aber nicht. Weil das Hören bei mir von allen 5 Sinnen (den des Gleichgewichts lass ich jetzt mal weg) am wenigsten ausgeprägt ist. Was leider auch dazu führt, dass ich nicht immer eine gute Zuhörerin bin. Ich erinnere mich an bestimmte Momente, positiv wie negativ besetzte, vor allem visuell… und weiß daher heute noch, welches Kleid meine Mutter trug, als ich ihr mit 15 den dritten Verweis des Schuljahres beichten musste, und dass sie in ihrem Ärger die Salatkartoffeln viel zu dick geschnitten hat, und wie das Sonnenlicht offenbarte, dass die Fenster in der Küche dringend geputzt werden mussten. Was sie gesagt hat, weiß ich hingegen nicht mehr, ich habe wahrscheinlich sehr fix die Ohren auf Durchzug gestellt.
Warum prägen sich bestimmte Situationen so ein? Klar, traurige, peinliche oder demütigende Momente bleiben vermutlich bis ans Lebensende, ebenso wie ganz besonders glückliche, aber wir erinnern uns ja auch an Augenblicke, die nicht unbedingt von großer Bedeutung sind und auch nicht unbedingt emotionale Trigger, jedenfalls geht es mir so. Aber IRGENDETWAS müssen diese Situationen an sich haben, dass unser Gehirn sie für speicher-wert gehalten hat.

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