M: Ich liebe den Winter ja – wie alle Jahreszeiten – sehr, aber es gibt doch etwas daran, was mich sehr stört: Wenn es richtig zapfig kalt wird, also deutlich unter null Grad, hab ich ein Klamotten-Problem. Obenrum ist alles gut, ich ziehe einfach ein Hemdchen und ein T-Shirt und ein Sweatshirt und noch einen dicken Pullover übereinander, dann noch die Daunenjacke drüber, Schal und Mütze, und mich kann nichts schrecken. Aber untenrum! Jeans und Socken drunter reichen mir einfach nicht, die Beine werden eiskalt, wenn ich zum Beispiel frühmorgens mit dem Hund rausgehe. Also was tun? Ich hab schon einiges ausprobiert, Leggins, Ski-Unterwäsche… war alles unbequem wie Sau. Hängengeblieben bin ich notgedrungen bei Strumpfhosen.
Gibt es eigentlich auch nur eine einzige Frau auf der Welt, die Strumpfhosen NICHT hasst?!? Irgendein Promi hat mal gesagt, Strumpfhosen seien das Unsexieste, was er sich vorstellen könne, und leider hat er recht.
Schlimmer noch: Sie sind unbequem! Weil sie eigentlich immer zu kurze Beine haben, hängen sie dann „im Schritt“, wie Loriot zu sagen pflegte. Das ist ein schrecklich unangenehmes Gefühl, ich möchte die Dinger immerzu nach oben zerren und tue es auch, was aber erstens nichts hilft, weil sie gleich wieder nach unten rutschen, und zweitens macht mein wütendes Geziehe meistens Löcher in die Dinger. Was blöd ist, weil ich die teuren kaufe, die fast ganz ohne Plastik, von denen bisher noch jede Verkäuferin behauptet hat, sie trügen sich ganz wunderbar auf der Haut; gerne führen die Damen dann sich selbst zum Beweis an, „ich trag die auch, die sind wirklich ganz ganz toll.“ Und ich glaub das dann auch fast jedes Mal noch.
Das zweite wirklich Miese an Strumpfhosen: Meine Haut hasst sie und wehrt sich mit extremer Trockenheit und Juckreiz, vor allem an den Schienbeinen. Ich creme dann und creme, Bodybutter, Kokosöl, Babyöl, alles schon durch, alles vergebens.
A: Mir geht es exakt so wie dir mit diesen blöden Beinlingen! Untenrum schlängeln sie sich geschmeidig um die Fußfessel, entlang der Wade bis zum Knie sitzen sie tipptopp und ab Mitte Oberschenkel hängen sie plötzlich durch. In der irrigen, aber erstmal sehr schmeichelhaften Annahme, dass das an meinen tollen langen Beinen liegt, habe ich dann vor vielen Jahren die nächste Größe ausprobiert. Und die übernächste. Ergebnis: Oben hängen sie durch. Alle. Und die Anfangseuphorie über meine megalangen Beine flaute in einer vergleichbaren Kurve unterirdisch ab. Sie sind halt nur durchschnittslang, die Beine. Punkt.
In meiner ersten Schwangerschaft wurden mir diese Standard-Schwangerschafts-Kompressionsstrümpfe empfohlen. Ganz schlimme Dinger, die ich nur zwei Mal getragen habe. Und damit ich mir nicht ganz so unsexy vorkam, habe ich – auf Empfehlung der Apothekerin – halterlose Strümpfe mit Spitze gewählt. Die Spitze war hintenrum aus reinem Plastik unterlegt, das an meinen Oberschenkeln haften bleiben sollte wie eine zweite Haut. Das fühlt sich dann an, als wenn du ganz stramm mit Frischhaltefolie umwickelt bist. Gruselig…
Was ich aber empfehlen kann: Leggings mit viel Baumwolle und etwas Elasthan. Die quetschen auch meine Zehen nicht ein, weil ich ganz untenrum ja kuschelige Socken trage. Ich habe nämlich auch den schlimmen Verdacht, dass diese Seidenstrümpfe einen Hallux Valgus fördern, weil der große Zeh immer zum nächstgrößeren rübergequetscht wird. Das wars dann mit der Großzehenfreiheit, die ich in meinen Yogastunden mantraartig beschwöre und die sich durchaus auf weitere Körperregionen übertragen lässt. Es gibt also wenig gute Gründe, sich das anzutun. Zum kleinen Schwarzen vielleicht, ok.
M: Oh ja, Kompressionsstrumpfhosen, die hatte ich ganz vergessen! Die wurden ja richtig angemessen, in einem Geschäft für Sanitätsbedarf; schon den Laden zu betreten, hat mich damals richtig Überwindung gekostet, im Schaufenster waren fleischfarbene Nierenwärmer ausgestellt und riesige Oma-BHs und Inkontinenzeinlagen.
Als ich die für mich angefertigten Strumpfhosen abholte, bekam ich erstmal eine Lektion darin, wie man sie anzieht. Man muss sie sehr sorgfältig – die Dame im Laden empfahl, sich dafür Baumwollhandschuhe anzuziehen – aufrollen und sie dann – am Besten gehe das im Liegen, sagte die Dame – Stück für Stück SEHR vorsichtig am Beinen hochziehen, links und rechts abwechselnd natürlich.
Ich habe das genau einmal durchexerziert. Es war schrecklich mühsam, das Kompressionsgewebe ist ja sehr fest, ich musste also richtig Kraft anwenden, und das Ganze im Liegen! Als ich die Dinger endlich anhatte, nach einer gefühlten halben Stunde, war ich nassgeschwitzt. Und dann juckten die auch noch ganz fürchterlich! Als ich sie abends ausgezogen habe, habe ich mir gesagt: Die Scheiße mach ich nie wieder mit! Ich habe sie gewaschen und zusammengerollt in der allerhinterste Ecke meiner Sockenschublade versteckt; trotzdem sehe ich sie manchmal und habe dann ein klitzekleinbisschen schlechtes Gewissen, weil sie ja verdammt teuer waren, die Folterdinger. Wenn auch von meiner Krankenkasse bezahlt. Die ich andererseits ja sonst nicht allzu viel beanspruche. Also könnte ich sie eigentlich entsorgen, denn anziehen werde ich sie aller Wahrscheinlichkeit nach nie wieder.
A: Meine Kompressionsstrümpfe für besondere Umstände liegen bei mir auch noch im bestens aufgeräumten Fach für alles, was an Füße und Beine gehört. Warum habe ich die bloß aufbewahrt? Die Zwei-Jahresfrist für alles, was nicht getragen wurde und deshalb entsorgt wird, ist seit 17 Jahren abgelaufen! Hilfe! Sentimentalität kann es nicht sein – ich habe kein einziges Umstandskleid mehr. Oder ist der kleine Familien-Messi väterlicherseits doch ausgeprägter in mir, als ich mir eingestehen will? Was auch immer es ist – morgen werden sie feierlich entsorgt, die Verschmähten.
Das schafft Raum für Neues! Und ich weiß auch schon für was: Die beste (Yoga)-Leggings, die ich kenne. Die sitzt wirklich wie eine zweite, atmungsaktive Haut und macht alles mit, ohne einen Millimeter zu verrutschen: Gehen, Sitzen, Hupfen, Tanzen, Dehnen. Dazu ist sie stretchig, butterweich und blickdicht. Ich kenne sogar Menschen, die darin schlafen. Muss man vielleicht auch, um über die verlängerte Tragezeit den sehr stolzen Preis zu rechtfertigen. Dieses Teil gehört aber definitiv nicht unter einen schicken Rock. Wobei ich auch da schon viel Abenteuerliches gesehen habe. Kunterbunt, fröhlich gemustert und gern auch in dickem Rippenstrick bevorzugt bei Öko-Freaks und Grundschullehrerinnen, knallig, ausgefallen und mit Netzstruktur bei Frauen, für die das Beinkleid auch ein Statement ist und halterlos mit Spitze und/oder Strapse für ganz spezielle Zwecke. Und mir fällt im Moment nur Pipi Langstrumpf ein, die diese seltene Kombi aus geringelt, bunt UND Strapse trägt. Die macht sich allerdings auch die Welt, wie sie ihr gefällt.
M: Ich vermute, Strumpfhosen sind auch der Grund, warum ich im Winter bis auf ganz wenige Ausnahmen nur Hosen trage. Im Sommer mag ich Röcke gerne, weil sie so schön luftig sind (bloß ein bisschen schwierig beim Fahrradfahren); im Winter stehe ich oft vor dem Schrank und betrachte die dort hängenden Kleider und Röcke und bin einen Moment lang versucht, es mal wieder zu probieren – da fallen mir die Strumpfhosen ein! Und schon greife ich wieder nach der Jeans…
Ich habe nach deinem Tipp mit den Leggins mal in der Strumpfabteilung unseres Kaufhauses herumgestöbert, aber bald aufgegeben: Die Leggins, die es dort gibt, sind entweder aus Baumwolle, wie ich es mag, allerdings, das gab auch gleich die Verkäuferin zu bedenken, leiern sie schnell aus und das mag ich gar nicht. Bei den richtig stretchigen, die gut sitzen, ist hingegen so viel Plastik im Material, dass sie garantiert jucken wie verrückt; ich bin also unverrichter Dinge wieder abgezogen.
Deine Yoga-Leggins klingen verführerisch, allerdings finde ich sie arg teuer: Fast 100 Dollar für eine.. und dann mag ich sie vielleicht doch nicht tragen, warum auch immer? Und in unseren Breiten sind die Tage, an denen man unbedingt was Warmes „untendrunter“ braucht, ja doch überschaubar.
In meiner Kindheit auf dem Land war das anders, da war es im Winter oft so kalt, dass über Nacht das Wasser im Glas – und oft auch in den Rohren – einfror. Wir haben uns morgens gerne UNTER der Bettdecke angezogen, damit wir nicht so froren. Die ersten Strickstrumpfhosen für Kinder kamen damals gerade auf den Markt, sie waren fleischfarben und kratzten scheußlich, daran erinnere ich mich gut. Als ich für meine Kinder ein Vierteljahrhundert später die ersten Strumpfhosen kaufte, war ich noch im Nachhinein ganz neidisch, denn ihre waren wunderbar weich, und es gab sie in vielen schönen Farben. Gerne getragen haben sie sie trotzdem nicht, „total unbequem“ war das vernichtende Urteil.
A: Meine Jungs sind von kratzigen Strumpfhosen verschont geblieben. Für die gab es schon weiche Baumwoll-Leggings in artgerechten Farben, die allerdings auch immer irgendwo durchhingen. In dem Alter, in dem sie sie trugen, war das aber völlig schnuppe – mir und den Buben sowieso. Bei dem Bewegungsdrang, den sie an den Tag legten, war es mir wichtig, dass sie sich blitzschnell ihrer Stoppersocken entledigen konnten und sich im Zweifelsfall kalte Füße holten, statt auf glattem Untergrund quer durch das Wohn- & Esszimmer zu segeln.
Ich hab mir auch ganz schnell abgewöhnt, mein mütterliches Kälteempfinden auf sie zu übertragen. Einzig der Deal mit den Jungs, doch bitte ab 8 Grad und drunter keine kurzen Hosen mehr draußen zu tragen, galt.
Als Jüngste mit zwei älteren Brüdern, habe ich als Kind die abgewetzten Hosen meiner Brüder aufgetragen. Voller Stolz wohlgemerkt, weil ich zu der Zeit immer mehr Junge als Mädchen sein wollte. Und die vorgeschriebene Winter-Strumpfhose meiner Mutter verschwand ganz schnell in irgendeiner Zimmerecke – in Gummistiefeln fiel ja gar nicht auf, ob was drunter war oder eben nicht.
Meine Mutter kenne ich allerdings fast ausschließlich mit Seidenstrümpfen zu Schuhen mit Absätzen. Und das nicht nur zu ihren berufstätigen Zeiten. Beides trägt sie bis heute mit über 80 Jahren auch selbstverständlich zu Hause! Und sieht damit einfach immer bestens angezogen aus, muss ich sagen…
M: Meine Mutter trug auch zu Röcken oder Kleidern immer Seidenstrümpfe, sie hat erst relativ spät angefangen, überhaupt Hosen zu tragen, in meiner Kindheit jedenfalls tat sie es nicht.
Meine Großmutter hingegen hat NIE in ihrem ganzen Leben Hosen angezogen, ich glaube, sie hätte schon den Gedanken für vollkommen absurd gehalten. Was ihr außerdem sehr wichtig war: Dass man als erwachsene Frau niemals mit nackten Beinen in die Öffentlichkeit ging, das gehörte sich ihrer Meinung nach einfach nicht. Das bedeutete, dass sie auch bei größter Sommerhitze zum Kleid oder Rock Strümpfe trug – und zwar wirklich Strümpfe mit Strapsen; Strumpfhosen mochte sie gar nicht und ich glaube, sie fand sie auch irgendwie anrüchtig.
Die Strapse waren, das hat mich als Kind sehr fasziniert, an einem Hüfthalter angebracht, der über der Unterwäsche getragen wurde. Das Teil war fleischfarben, elastisch und eng und laut meiner Großmutter doch recht unbequem; sie war jedenfalls immer sehr erleichtert, wenn sie das Ding abends ausziehen konnte. Aber ohne zu gehen kam einfach nicht in Frage, nicht einmal bei extremer Hitze, da war sie eisern. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie sie geschwitzt haben muss unter dem schrecklichen Hüfthalter. Was sich die Frauen in früheren Zeiten angetan haben diesbezüglich – unfassbar!
Ich glaube, die legeren Klamotten, die ihre Enkelkinder in den 70-ern zu tragen begannen, missfielen meiner Großmutter sehr. Ich weiß jedenfalls noch, dass sie einmal sehr entsetzt war, als sie bemerkte, dass ich im Sommer unter einem T-Shirt keinen BH trug, da schnappte sie regelrecht nach Luft. Aber kommentiert hat sie diesen Umstand nicht, immerhin.
A: In meiner Erinnerung trugen meine Omas ausschließlich hautfarbene Nylonstrümpfe – meist so blickdicht, dass man nackte Haut darunter allenfalls erahnen konnte. Und schwarze Strümpfe waren nur auf Beerdigungen oder zu Trauerkleidung salonfähig. Ansonsten trugen die eher leichte Mädchen, wie meine Tante zu sagen pflegte. Und da die ersten Nylonstrümpfe – damals noch mit Naht – aus Amerika kamen, wurden sie selbst von meiner Familie (die ja verwandtschaftliche Bande an der Ostküste hat) mit Argwohn betrachtet, weil vieles Amerikanische auch immer gern Sinnbild für Unmögliches bis erstaunlich Gewagtes war. Das Anrüchige war vor allem das Nylonmaterial, trug man in Deutschland bis dahin doch eher dicke Strickstrümpfe.
Meine ausgewanderte Großtante reiste im Jahre 1990 mit 96 Jahren aus Long Island ins westfälische Soest zum Konfirmationstreffen und betrat die alte Soester Wiesenkirche mit (dann auch in Deutschland gesellschaftsfähigen) Nylonstrumpfhosen in hochhackigen Schuhen. Ihr gepflegtes Aussehen fand viel Anerkennung. Allenfalls die gefärbten Haare und der Lipstick, den sie trug, waren in Deutschland doch eher ungewöhnlich in dem hohen Alter.
M: Es gibt ein Foto meiner beiden Großmütter anlässlich meiner Taufe; eine hält mich als Baby im Taufkleid im Arm, die andere hat meine ältere Schwester auf dem Schoß; beide lächeln den Säugling sehr liebevoll an.
Und beide tragen – was deine Erinnerung bestätigt – blickdichte hautfarbene Strümpfe zu (in einem Fall handgefertigten) Schnürschuhen mit kleinem Absatz.
Was mir bei dem Foto immer auffällt – und das hat jetzt nicht direkt was mit Strumpfhosen zu tun: Beide Frauen, Ende 50, Anfang 60, wirken, aus heutiger Perspektive betrachtet, schon sehr alt. Das mag an dem sehr konservativen Outfit (beide tragen dunkelblaue Kleider, die weit bis übers Knie reichen, in einem Fall mit weißem Spitzenkragen), ihre Haare, sorgfältig onduliert und zu einem Chignon geschlungen, sind natürlich nicht gefärbt oder getönt, so wie viele von uns das heute machen. Wie hätten sie wohl gewirkt, wenn sie Jeans, Sweatshirt und Turnschuhe getragen hätten, so wie ich zum Beispiel heute? Die Haare offen, ein bisschen Schminke? Und auch in ihrem Verhalten deutlich weniger dezent?
Ich weiß, ich schweife mal wieder ab, aber diesen Gedanken, der mir in letzter Zeit öfter kommt, musste ich noch loswerden.
Der Beitrag hat öfters zum Schmunzeln gebracht, danke 🙂