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Die sind doch so gemütlich!

M: Ich fiebere schon seit Monaten der Zeit entgegen, wo ich endlich wieder barfuß oder in Flip Flops durch die Wohnung laufen kann. In der kalten Jahreszeit geht das nicht, weil ich generell sehr schnell friere und mich schrecklich unwohl fühlen würde mit kalten Füßen (so wie auch ein nacktes Dekolleté im Winter gar nicht geht!). Socken reichen leider auch nicht, wegen des sehr glatten Parketts in meiner Wohnung – ich hab’s probiert und bin dabei mehr als einmal sehr ungut ausgerutscht und hab mir blaue Flecken eingehandelt. Was also bleibt mir übrig? Hausschuhe!
Seit Jahrzehnten suche ich nach einem Modell, das nicht fürchterlich piefig und bieder aussieht, trotzdem aber bequem ist und ausreichend wärmt, aber die Mode-Industrie lässt mich komplett im Stich. Es gibt natürlich Unmengen von Hausschuhen zu kaufen, Pantoffeln, an denen ich schon das Wort hasse, Pelzstiefelchen, in denen die Füße viel zu heiß werden, Pantoletten in jeder Form und Farbe, lustige Puschen in Tierform… ich finde sie durch die Bank schrecklich hässlich! Halbwegs erträglich sind die gefütterten Mokassins, mit denen ich mir behelfe, aber wirklich glücklich bin ich mit denen auch nicht. Neben meinem Bett stehen schon seit Wochen meine geliebten Flip Flops und warten auf ihren Einsatz; ich hab’s heute morgen probiert, aber es ist einfach noch zu kalt…

A: Schnatter… barfuß schaffe ich auch nur im Sommer. Da ich aber jede Form von Hausschuhen ebenso gruselig finde wie du, sind es bei mir Fellstiefelchen oder ganz leichte Leder-Sneaker, die ich zu Hause trage. Und was bei mir grad noch durchgeht, sind Hüttenschuhe (die über das Fußgelenk gehen müssen und auf keinen Fall Eiskristalle oder ähnliches Zeugs im Filzdesign haben dürfen!), weil ich die mit einer Art Aprés-Ski-Romantik auf der eingeschneiten Hütte vor knisterndem Kamin verbinde.
Mein Vater nennt seine Hausschuhe „Schluffen“ (und so sehen sie auch aus) und meine Mutter hat aus dem Allgäu mal so Holzpantinen mit wärmendem Kuhfell obendrauf mitgebracht. Da diese Klotschen (wie sie in Westfalen heißen) eine dicke Holzsohle haben, kommt sie – die eigentlich nur Schuhe mit Absatz trägt – wunderbar damit klar. Und sie passen auch zu ihr, sind sogar passabel schick zu ihren Jeans und Röcken.
Diese Dinger waren doch auch mal mega-hip in den 70er Jahren: Hippie-Style mit Flower-Power-Clogs, Schlaghosen und Walle-Kleidern! Und grad hab ich gelesen, dass ebendiese Clogs die Rückkehr in den Mode-Olymp in diesem Frühjahr 2022 feiern – jetzt mit Spangen- und Nietenverzierung, statt Kuhfell. Vielleicht versuchst du es mal damit – auch wenn dich neueste Trends eigentlich so gar nicht tangieren, woll?

M: Diese Clogs hab ich vor Urzeiten, als ich ungefähr 15, 16 war, auch getragen, aber schon damals nicht sonderlich gemocht. Jetzt kommen sie für mich gar nicht mehr infrage. Erstens machen sie Krach, schon gar auf Holzböden, und zweitens lassen sich die Füße darin nicht richtig abrollen – Holz halt!
Auch Hüttenschuhe sind leider keine Option, da fehlt mir eine richtige Sohle und ein (wenn auch klitzekleiner) Absatz zur Bequemlichkeit. Du siehst, es ist schwierig mit mir und den Hausschuhen.
Bei mir daheim dürfen alle Besucher ihre Schuhe anbehalten. Die meisten fragen ganz artig „soll ich die Schuhe ausziehen“?, und sind dann in der Mehrzahl recht erleichtert, wenn sie es nicht müssen. Ich finde es selbst nämlich schrecklich, wenn ich irgendwo eine Wohnung betrete und als allererstes in bereitstehende Puschen gezwungen werde – da krieg ich gleich schlechte Laune. Man weiß ja auch gar nicht, wer da vorher reingemüffelt hat.
Die Geschichte des legendären Festes hab ich dir ja schon erzählt, zu dem wir mal eingeladen waren. Schicke Kleidung war ausdrücklich erwünscht – und als wir aufwändig aufgebrezelt die Wohnung betraten, hieß es als erstes: Bitte Schuhe ausziehen! Du kannst dir vorstellen, wie das aussah bei all den schön gekleideten Frauen: Obenrum ein sexy Kleid, und untenrum statt passender Schuhe ausgelatschte Puschen! Nur meine gute (!) Erziehung hat mich damals davon abgehalten, auf dem hohen Absatz kehrtzumachen und die Lokalität stantepede wieder zu verlassen.

A: DAS hätte mir auch den Abend versaut – und da muss man sich normalerweise schon was einfallen lassen, um mir die Laune zu verderben. Die Männer in meiner Familie nennen ihre Hausschlappen (die, wenn überhaupt, nur im tiefsten Winter getragen werden) übrigens Stallschuhe. Dazu passend gibt’s die Stallhose, die NIEMALS eine Jogginghose ist, sondern immer eine alte Jeans mit Rissen und Löchern. Und meinen großen Bruder hab ich noch nie in Pantoffeln gesehen – ich kenn ihn eigentlich nur barfuß, selbst im Winter stecken seine nackten Füße in so einer Art Trekking-Sandale in cool, wenn es so was gibt. Das passt zu ihm und sieht auch ein bisschen sexy aus, vermutlich weil ich weiß, dass er auch auf seinem Segelboot untenrum immer nackig ist und die gegerbte braune Haut mich an Salz, Sonne, die kabbelige See und raue Segeltörns erinnert. Würde er aber Socken in den Dingern tragen, säße er direkt in der Öko-Schublade fest oder noch schlimmer, im deutschen Sandalen-Socken-Touristen-Klischee.

M: Meine Freundin R. ist auch so ein Mensch, der nie an den Füßen zu frieren scheint – ich kenne sie eigentlich, auch im Winter, nur barfuß. Dabei hat sie nicht mal eine Fußbodenheizung. Aber sie trägt auch bei wenigen Graden über Null keine Strümpfe oder Strumpfhosen mehr unter dem Rock (in Hosen kenne ich sie gar nicht) und geht mit nackten Beinen spazieren. Ich hingegen wäre da schon komplett blau gefroren und quasi bewegungsunfähig. Ich beneide sie um diese Eigenschaft, die offenbar aber auch genetisch bedingt ist, nämlich durch das Fehlen eines gewissen Proteins in den Muskelfasern; eigentlich also ein Mangel, der sich als Vorteil erweist.
Bekannt für ihre Kälte-Resistenz sind die Briten, besonders die Engländerinnen. Wenn man hierzulande in kalten Winternächten vor Bars und Restaurants eine Gruppe sehr leichtbekleideter Mädels sieht, mit kurzen Röcken, die nackten Füße in offenen Pumps, obenrum nur mit einer ganz leichten Jacke bedeckt, kann man drauf wetten, dass die alle von der Insel kommen. Eine Theorie lautet, dass sie durch das jahrelange Tragen von Schul-Uniformen – kurze Röcke und Kniestrümpfe – einfach abgehärteter sind. Allerdings gibt es scheußliche Hausschuhe in allen Formen und Farben auch in Großbritannien…

A: Meine amerikanische Cousine friert auch nie. Die sitzt – egal bei welchem Wetter – mit nackerten Füßen und Beinen auf ihrer Porch auf Cape Cod an der Osküste. Wenn ich mich bis tief in die Nacht mit ihr festgequatscht habe und wir uns von der Bloody Mary schon längst zum Sauvignon Blanc vorgearbeitet haben und in erwartungsvoller Spannung versuchen, einen Blick auf die nachtaktiven Skunks in den raschelnden Büschen zu erhaschen, habe ich schon mindestens eine Decke um meine Beine geschlagen und Sneaker an. So was wie Hausschuhe hat sie allerhöchstens um die Weihnachtszeit aus einem der zahlreichen „Christmas Tree Shops“, die ja ganzjährig geöffnet sind und in denen es so ziemlich alles Geschmacklose, Überflüssige, aber auch Witzige gibt, jede Art von Tinnef, Glitzerzeugs und eben auch Elch-Puschen oder Pantoffeln mit Weihnachtsmannbärten. Die trägt sie aber nicht wirklich, um warme Füße zu haben, sondern schlicht, weil sie sie zuzeiten ganz amüsant findet.
Und ich staune nun einmal mehr beim Blick in einen Lifestyle-Guide, das sogenannte Latschen und Pantoletten im Moment stylish, hip und dann auch noch teuer sind, weil die Edeldesigner die auch entwerfen. Es ist sogar die Rede von Statement-Pieces! Schließlich soll bereits Tutanchamun reich verzierte Edelschlappen getragen haben – aber waren das nicht eher die kunstvoll bestickten Leder-Vorgänger deiner heiß geliebten Flip-Flops?

M: Tuntanchamuns goldene und bunt bemalte Sandalen sehen wirklich aus wie sehr edle Flip-Flops, die wären auch heute noch total modisch, ich würde die sofort tragen. Allerdings nur, wenn das Wetter mitspielt; in den letzten zwei Wochen waren ja wieder eher Socken und Turnschuhe angesagt. Wobei auch das einen Vorteil hat, denn was man bei heißem Wetter vor allem in Männersandalen sieht, macht nicht wirklich Freude. Die meisten Frauen pflegen ihre Füße vor allem im Sommer sorgfältig, ob mit oder ohne Lack; bei den Herren sieht das leider anders aus: Zu lange und schmutzige Nägel, viel Hornhaut… kein schöner Anblick. Da ist es mir definitiv lieber, wenn sie geschlossene Schuhe tragen, was ich in der Stadt und im Büro ohnehin angebracht fände. Aber nein, sobald die Sonne rauskommt, wagen sich auch Männerfüße ins Freie. Bei älteren Herren sind geschlossene Ledersandalen beliebt, die mit Socken in allen Farben kombiniert werden; ich fand das schon in den 60-er Jahren scheußlich, als mein Vater im Urlaub diesem Look frönte, natürlich zu Bermudas, die sich auch bis heute gehalten haben.
Ganz schrecklich finde ich auch diese Trekking-Sandalen, die vor ein paar Jahren in Mode kamen und die von jüngeren Männern favorisiert werden. Ich hab nie ganz verstanden, woher ihr Name kommt, denn niemand würde doch ernsthaft mit diesen Dingern wandern gehen, oder? Stell ich mir ziemlich gefährlich vor!
Was mir beim Blick in die Schwabinger Schuhläden aufgefallen ist: Dieses Jahr sind bei Sommerschuhe für Frauen dicke Sohlen sehr angesagt, die zum Teil fünf Zentimeter und noch höher sind, wie bisher nur bei Sneakers. Möglich, dass sie bequem sind – elegant oder stylish finde ich sie auf keinen Fall, eher plump. Und dass sie optisch die Beine verlängern, wie behauptet wird, halte ich auch für ein Gerücht.

A: Selbst Espadrilles gibt es mittlerweile mit ordentlich Absatz, und meine neuen Laufschuhe sehen aus, als hätten sie ein Bündel Gartenschläuche als Sohlenersatz. Der Anblick ist mehr als gewöhnungsbedürftig, dafür ist die Dämpfung fantastisch. Für meine Runden im Englischen Garten ist mir schnurz, wie das ausschaut. Aber ob ich die jemals zur Jeans tragen werde? So wie zahlreiche Rolling-Stones-Fans vorgestern in der U-Bahn Sneaker und Slipper mit der rot-weißen Zunge zu Jeans und etwas spack gewordener speckiger Lederjacke? In der Nacht des großen Stones-Konzertes bin ich natürlich barfuß mit „Jumping Jack Flash“ ins Bett gegangen (happy, das obszöne Konzertkartengeld nicht ausgegeben zu haben, da sie laut und rotzig wie eh und je aus dem Olympiastadion bis in mein Schlafzimmer rüberschallten) und mein letzter Gedanke vorm Einschlafen war: Ob Keith Richards wohl Pantoffeln hat? Vielleicht so filzige mit aufgestickter Zunge?

M: Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Stones zuhause oder auf Tour im Hotelzimmer mit Puschen welcher Art auch immer herumschlappen. Aber vielleicht stimmt das ja gar nicht, immerhin sind sie längst in einem Alter, wo man es doch gerne warm und mollig hat, nicht nur an den Füßen, auch wenn ihre Musik das nicht vermuten lässt (sie haben es am Sonntagabend wieder ordentlich krachen lassen, ich hab das Konzert auch von meinem Balkon aus hören können!). Mit solchen – wenn auch alt gewordenen – Rockern verbinde ich jedenfalls ganz bestimmt keine Filzpantoffeln, Clogs oder Hüttenschuhe! Auf den Fotos, die ich von Keith Richards zuhause mit und ohne Familie gesehen habe, ist der Mann jedenfalls immer barfuß. Und so werde ich es ab sofort auch halten, auch wenn es momentan doch noch recht zapfig ist für die Jahreszeit – die Socken müssen in der Schublade bleiben und die Füße nackt. Ein bisschen frieren ist ja kein zu hoher Preis für ein halbwegs cooles Aussehen, oder?

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