A: Letzte Woche kam mir auf der Leopoldstraße eine Mutter mit einem dieser sperrigen Lastenräder, Bakfiets – oder wie immer die heißen – auf dem Radweg entgegen. Die Mutter und ihre zankenden Kinder vorn in der Kiste fuhren bräsig entgegen der Fahrtrichtung, ich ganz brav in der vorgeschriebenen Art und Weise. Von Nahem sah ich dann, dass la mamma auch noch lautstark und mit wilder Mimik telefonierte. Also nicht mit diesen kabellosen AirPods, sondern mit Handy am Ohr. Jetzt muss man auf diesen dreirädrigen Limousinen ja nicht unbedingt das Gleichgewicht halten, aber ihre Aufmerksamkeit für ihre unmittelbare Umgebung, Gegenverkehr und mich war trotzdem gleich null. Ich bin dann kurz vor dem Zusammenstoß auf den Gehsteig ausgewichen, während sie ungerührt weiterfuhr. Keine Entschuldigung, kein Achselzucken, kein Danke, kein Nichts! Mit so einem Monsterrad ist man anscheinend der Mittelpunkt des Universums und die wertvolle Fracht rechtfertigt jedes rüpelhafte Benehmen. Und die Stadt ist ja mittlerweile voll von diesen Fahrrad-SUV’s!
M: Ich kenn die auch nur zu gut bzw. schlecht. Von wenigen löblichen Ausnahmen abgesehen verhalten die sich wirklich sehr oft reichlich rücksichtslos. Bei mir in der Nähe ist ein gut frequentierter Spielplatz, und da ist der Gehweg an Schönwettertagen zum Teil mit 6, 7 dieser sperrigen Gefährte vollgeparkt. Was bedeutet, dass man sich entweder durchzwängen oder auf die Straße ausweichen muss. Nicht viel besser sind diese Anhänger aus buntem Kunststoff. Besonders in Straßen mit schmalen Gehwegen, auf denen eh schon Fahrräder parken, ist oft überhaupt kein Durchkommen mehr.
Überhaupt finde ich, dass man als Fußgänger mittlerweile die Arschkarte gezogen hat: Die Gehwege sind, zumindest hier in der Gegend, entweder mit Autos oder Lieferfahrzeugen zugeparkt oder durch Baustellen abgesperrt, es stehen in Massen diese Elektroroller herum (manchmal liegen sie auch), und sehr gerne kommen einem Fahrradfahrer entgegen, die einen auch noch wegklingeln wollen, weil man ihnen im Weg ist. Entspannt durch die Straßen spazieren kann man vergessen. Und selbst wenn man bei Grün die Straße überquert, ist man seines Lebens nicht sicher, denn Ampeln haben für einige Verkehrsteilnehmer keinerlei Gültigkeit mehr. Ätzend!
A: Die weniger zugestellten Gehwege gibt’s vermutlich in unserer etwas ruhigeren Gegend, und auch im mondänen, aber langweiligen Bogenhausen fuhr es sich letztens entspannt mit dem Radl. Das trubelige Schwabing ist aber einfach charmanter, und ich genieße es im Moment noch sehr, überhaupt einen Radweg zu haben und überall schnell hinkommen zu können. Bei uns auf dem Lande war man ohne Auto verloren und Radfahren alles andere als attraktiv, teilte man sich die schmalen Straßen doch größtenteils mit Autos und Motorrädern.
Und etwas zähneknirschend muss ich jetzt auch zugeben: Wenn meine Kinder noch klein wären, hätte ich auch so ein Rad mit Transportbox, in die man alles reinbringt, was man für das Picknick im Englischen Garten benötigt.
Ich hab auch noch keine übergewichtigen Muttis mit Lastenrad gesehen! Die gibt’s nämlich zuhauf in den USA und Australien, wo die Mums auch für läppsche 500 Meter in den Van steigen.
Und nachdem ich mich jetzt so durchargumentiert habe: Ich liebäugele tatsächlich damit, mir irgendwann mal so ein Monsterrad zuzulegen, weil sich damit – in nicht allzu ferner Zukunft – unser dann alter Hund für lange Strecken doch ganz komfortabel transportieren ließe! Die Vierbeiner sitzen ja immer wie frisch gekrönte Könige in diesen Dingern, während die Ohren im Wind schlackern.
M: Bist du denn sicher, dass er das auch mag? Aber du kennst ihn ja. Meiner kann den Transport in einem wirklich komfortablen Fahrradkorb aus Kunststoff gar nicht leiden, er versucht dann immer, sich rauszustürzen und bringt dabei das Radl sehr ins Schlingern. Ob das besser wird, wenn er ein bisschen älter ist?
Aber zurück zu den Lastenrädern: Ich glaube, das Problem damit ist – außer rücksichtslosen Fahrer*innen – der mangelnde Abstellplatz. Gerade hier im Viertel sind die Gehwege zum Teil so schmal, dass schon säuberlich an der Hauswand abgestellte Fahrräder für Fußgänger ein Problem darstellen können. Und in den Hinterhöfen sind zumeist auch nicht genug Abstellmöglichkeiten. In unserem Haus zum Beispiel gibt es im Hof einen überdachten Stellplatz für gerade mal 10 Räder, dabei wohnen allein 13 Parteien hier, in manchen Wohnungen zu dritt oder zu viert. Was bedeutet, dass ich zum Beispiel mein Radl auf der Straße stehen lassen und inbrünstig hoffen muss, dass es mir keiner klaut. Dass mein Korb als Mülleimer missbraucht wird und ich regelmäßig Kaffeebecher, Pizzakartons und Bierdosen daraus entsorgen muss, nehme ich in Kauf. Wenn auch zähneknirschend. Aber genug Mülleimer gibt es in dieser Stadt definitiv auch nicht – zumindest nicht in unserem Viertel…
A: Ganz ehrlich: Das ist nichts im Vergleich zu Köln, wo es nur ganz schmale, schlecht gepflasterte oder gar keine Radwege gibt. Und Mülleimer erst recht nicht. So hab ich es bei meinem Abschiedsbesuch aus dem Rheinland vor zwei Jahren zumindest wahrgenommen, weil da deutlich mehr zerdepperte Flaschen, Dreck und Müll auf der Straße lagen als hier zur Corona-Hochzeit. Als Studentin hab ich das nicht so wahrgenommen, aber diese Bilder, die ich im Kopf habe, lassen mich vergleichsweise milde auf die Münchner Zustände schauen. Bei kleinen Präsenten in meinen Fahrradkörben kann ich aber durchaus mitreden! Was sich da wohl erst in den großen Kisten der Lastenräder ansammelt? Ich nenne das jetzt mal den universellen Ausgleich für pomadiges Verhalten auf Geh- & Radwegen…
Unser Hund würde sich den Platz mit allerlei Unrat aber ganz gewiss teilen und JA, der säße ganz schnell in dieser Kiste. Weil für ihn nur eins zählt: Dabei sein! Und fressen, ok. Vorgestern hat er sich im Nullkommanichts in den Fußraum vor dem Beifahrersitz gequetscht, weil die Klappe von der Ladefläche hinten schon zu war. Da saß er dann hechelnd und siegessicher mit seinem dicken Popo auf den Füßen vom Ältesten, der ihn kurzerhand wieder rausgeschmissen hat. Bei der Runde um den Block, die ich ihm ersatzweise gegönnt habe, ist er hängenden Kopfes und in tiefer Depression hinter mir hergetrottet. Am Ende war ich dann beleidigt, weil ICH ja schließlich noch da war. Nur die Männer eben weg. Meine Güte!
M: Zum Thema Mülleimer muss ich noch was loswerden, was auch mit unserem Hund zu tun hat: Ich gehe ja gern morgens mit ihm in den Park, und auf dem Weg dorthin, meist keine 100 Meter von unserem Haus entfernt, macht er das zweite große Geschäft des Tages. Das ich natürlich als verantwortungsvoller Hundebesitzer, aufsammle. Und dann gehe ich MEILENWEIT mit der stinkenden Tüte, bis ich endlich einen Mülleimer finde, in den ich seine Hinterlassenschaft versenken kann. Die ganze lange Straße zwischen Münchner Freiheit und Schleissheimer Straße kein einziger Eimer! Dafür natürlich jede Menge Müll auf den Gehwegen und in den Grünstreifen, der das Interesse des Hundes weckt, denn ein Rest Pizza oder die verschmierte Verpackung eines Schokoriegels wären ein Festmahl, wenn er es denn genießen dürfte.
Ich habe mal bei der Stadt angeregt, mehr Tonnen aufzustellen, wurde aber wortreich belehrt, dass die Eimer und deren Wartung bzw. Entsorgung viel Geld und Zeit kosten. Aber, so frage ich mich: Wäre es wirklich so viel teurer, als den Dreck einzeln aufzuklauben?
A: Ein jahrzehntelang funktionierendes System und jetzt kommst du daher und willst plötzlich mehr Mülltonnen? Das würde ja eine drastische Veränderung bedeuten! Raus aus der Routine! Umdenken! So was ist bei der Stadt vermutlich gar nicht beliebt. Da ist ein anderer Blick auf die Gegebenheiten genauso wenig gefragt, wie bei einigen ganz speziellen Radl-SUV-Muttis.